Von Alejandro Cordero, Mitglied im Vorstand der Europa-Union Deutschland, Verband Brüssel
Brüssel ist eine Stadt der Verflechtungen: von Verordnungen und Visionen, von Lebensläufen, die sich kreuzen, und von Entscheidungen, die leise getroffen werden und weitreichend wirken. Wer hier ankommt – sei es als Trainee in der Kommission, als Praktikant bei einem Verband oder als junger APA in einem Parlamentsbüro –, betritt ein Terrain, das viel zu bieten hat, aber selten Orientierung spendet. In den verwinkelten Gängen der europäischen Institutionen verliert man leicht den Überblick: Orientierung kommt selten von selbst.
Die Europa-Union Brüssel hat genau hier angesetzt: mit einem Mentoring-Programm, das im Frühjahr 2025 ins Leben gerufen wurde und inzwischen weit mehr ist als eine freundliche Geste für den Nachwuchs. Es stärkt das Netzwerk der EUD Brüssel, teilt Wissen – und macht Brüssel menschlicher. Es setzt auf Austausch – und auf den festen Willen, die föderalistischen Werte der EUD Brüssel an eine neue Generation weiterzugeben.
Die Idee: Zuhören, begleiten, weitergeben.
Das Mentoring-Programm bringt Mitglieder der EUD Brüssel in unterschiedlichen Lebens- und Berufssituationen zusammen: junge Praktikantinnen und Praktikanten, Trainees, Berufseinsteigerinnen und -einsteiger, die voller Neugier nach Brüssel kommen – und erfahrene EUD-Kolleginnen und -Kollegen, die bereit sind, Einblicke in einen Alltag zu geben, der für viele zunächst verschlossen bleibt.
Das Matching erfolgt auf Grundlage eines Anmeldeverfahrens, das berufliche Interessen ebenso berücksichtigt wie institutionelle Erfahrung, thematische Schnittmengen und – nicht zuletzt – eine Prise augenzwinkernder Selbstbeschreibung.
Was das Programm auszeichnet, ist die Balance zwischen Nähe und Flexibilität. Die Tandems gestalten ihren Austausch selbst: bei einem Kaffee in der Rue de Trèves, einem Spaziergang durch den Parc Léopold oder in regelmäßigen digitalen Treffen. Ob es um institutionelles Navigieren geht oder um die Frage, wie man Europa der eigenen Familie erklärt – das Programm bietet Raum für jene Gespräche, die jenseits von Panels und Policy Briefs stattfinden. Im besten Fall entstehen nicht nur hilfreiche Gespräche, sondern auch langfristige Verbindungen – zwischen Institutionen, Generationen von EUD-Mitgliedern und politischen Horizonten. Entsteht so nicht bloß ein bilateraler Austausch, sondern ein Generationendialog im föderalistischen Geist der EUD: offen, persönlich, europäisch. Und es ist eine Einladung, Brüssel nicht nur als Karrierestufe zu begreifen, sondern als Ort europäischer Verantwortung und Teilhabe – als Hauptstadt unserer europäischen Demokratie.
Das Mentoring-Programm schafft so nicht nur Orientierung, sondern auch Zugehörigkeit – zur Stadt, zur Europa-Union, zur europäischer Einigung.
Eine Bilanz, die mehr erzählt als Zahlen:
In seiner ersten Ausgabe brachte das Programm 35 Teilnehmende zusammen – 14 Mentoren und 21 Mentees. Damit wurde das ursprünglich angestrebte 1:1-Ziel deutlich übertroffen, was die große Nachfrage nach Mentoren ebenso verdeutlicht wie das starke Interesse und die Bereitschaft, sich über das eigene Arbeitsfeld hinaus zu engagieren. Unter den Mentorinnen und Mentoren finden sich EU-Beamte, parlamentarische Referenten, Verbandsvertreter und Führungskräfte aus dem Energiesektor; die Mentees wiederum kamen vielfach über Bluebook- oder Schuman-Traineeships nach Brüssel.
Die Berufsfelder der Mentorenschaft spiegeln die Vielfalt der Brüsseler Arbeitswelt: 46 Prozent stammen aus EU-Institutionen, während 54 Prozent aus NGOs, Think Tanks, Landesvertretungen und der Privatwirtschaft kommen. Fast zwei Drittel der Mentees waren zum Zeitpunkt der Bewerbung erst seit wenigen Monaten in der Stadt. Bemerkenswert ist zudem die institutionelle Wirkung des Formats: Neun der 21 Mentees – rund 40 Prozent – sind durch das Mentoring-Programm erstmals Mitglied der Europa-Union Brüssel geworden. Auch in der Geschlechterverteilung zeigen sich Unterschiede: Unter den Mentoren besteht mit 69 Prozent männlich und 31 Prozent weiblich ein leichter Männerüberhang, während bei den Mentees Frauen mit über 65 Prozent die Mehrheit stellen.
Eine der wichtigsten Erkenntnisse der ersten Runde lautet daher: Das Programm wirkt nicht nur auf der persönlichen Ebene fördernd, sondern trägt auch zur institutionellen Integration bei. Es stiftet Zugehörigkeit, eröffnet Netzwerke und bindet neue Stimmen in die Arbeit der Europa-Union Brüssel ein.