Vermutlich wird auch bei Ihnen das Verlangen nach einer Auszeit von der Pandemie groß sein. Gleichwohl stellen auch wir uns diesem Thema in diesem Mitgliederbrief. Denn wer in seinem Familien- oder Bekanntenkreis mit dem Corona-Virus zu kämpfen hatte, wird sich davon vermutlich nicht so schnell erholen. Die Gesundheitsrisiken stellen eben nicht nur eine abstrakte Gefahr, sie sind erbarmungslos real. Daher werden Sie auf den folgenden Seiten Artikel von Melissa Günnewig und Ilka Wölfle finden, die sich mit den Auswirkungen auf Wirtschaft und das Gesundheitswesen beschäftigen.
Nachdem unsere geplante Veranstaltung zur Zukunftskonferenz im Frühjahr abgesagt werden musste, haben wir versucht virtuell weiterzumachen. Ariane Richter hat die Prioritäten der deutschen Ratspräsidentschaft mit einem hochrangigen Panel „abgeklopft“. Unser Verband war durch den Vorsitzenden bei einer Podiumsdiskussion beim Land-Württemberg zum selben Thema präsent, und Katrin Hatzinger hat für uns in ihrem Beitrag die Erwartungen der Zivilgesellschaft auf den Punkt gebracht. Außerdem hatten wir alles vorbereitet, damit der deutsche Botschafter über den „Corona-Gipfel“ Angela Schweizer im de-briefing frisch berichtet. Leider haben sich die Staats- und Regierungschefs nicht an unsere Zeitvorgaben gehalten – dafür aber wohl die finanzielle Zukunft der Union langfristig gesichert. Wichtige Detailfragen bleiben allerdings: wie stark können die Wiederaufbauhilfen von der Einhaltung von rechtsstaatlichen Garantien abhängig gemacht werden? Welche Eigenmittel der Union soll es in Zukunft geben? Ich freue mich zudem Ihnen mitzuteilen, dass wir dank der Initiative von Dr. Lars Friedrichsen eine virtuelle Debatte mit Kommissar Reynders zum ersten Kommissionsbericht zur Rechtstaatlichkeit in der EU veranstalten konnten.
Darüber hinaus kommen neue außenpolitische Herausforderungen auf die Union zu. Wie fast zu erwarten war, erweist sich die britische Regierung unter Boris Johnson als ziemlich frech, was ihre Forderungen für das EU-UK Freihandelsabkommen angeht. Die Demokratie-Bewegung in Weißrussland könnte an einem Schulterschluss zwischen Lukashenko und Putin scheitern. Der versuchte Giftmord am Kreml-Kritiker Nawalny wird vermutlich eine Zäsur zu den Beziehungen mit Russland darstellen. Auch zu diesen Themen werden wir als Verband am Drücker bleiben.
Die Präsidentin der Europäischen Kommission hat nun auch ihre Prioritäten in der „State of the Union“-Rede klargemacht. Konkrete Schritte zur Umsetzung des „Green Deals“ stehen an, und die europäische Migrations –und Asylpolitik soll endlich Fortschritte machen. Hoffentlich kann auch der Startschuss für die Zukunftskonferenz gegeben werden, damit die nötigen Lehren aus der Corona-Krise in verschiedenen Politikbereichen gezogen werden können. Mir scheint es, dass heutzutage das Motto mehr denn je gültig ist: Gerade in Krisenzeiten sehen wir, dass es europäischer Antworten für die großen Herausforderungen wie das Offenhalten von Grenzen und die Solidarität bei der Besorgung von medizinischen Gütern und Dienstleistungen bedarf, während am besten vor Ort entschieden wird, auf welche konkrete Gefährdungslagen welche Art von Präventionsmaßnahmen zielgerichtet und verhältnismäßig sind. In Brüssel und Anderswo: Bleiben Sie gesund!
Ihr Prof. Dr. Frank Hoffmeister (Vorsitzender)